Ich habe neulich Corpus Delicti von Juli Zeh gelesen. Es war kein großes Buch, aber ein äußerst lesenswertes. Spannend noch dazu. "Ein Mensch, der nicht nach Gesundheit strebt, wird nicht krank, sondern ist es schon" heißt es darin. Jedes nicht-Bemühen um Gesundheit wird als Angriff auf den Staat gesehen: "Es besteht eine enge Verbindung zwischen dem persönlichen und dem allgemeinen Wohl, die in solchen Fällen keinen Raum für Privatangelegenheiten lassen." Der angesprochene Fall ist der der Protagonistin, die nach dem Suizid ihres Bruders einfach nur in Ruhe gelassen werden will, statt sich der staatlich verordneten Gesundwerdung zu unterwerfen. Das klingt natürlich alles ganz abstrakt und fern von uns. Überraschung: Die Zukunft ist schon da. Die Universität von Berkeley verschickt mit den allgemeinen Informationen für neue Studenten Wattestäbchen für die DNA-Abnahme. Abgabe des Stäbchen ist natürlich freiwillig. "Once the DNA sample is sent in and tested, it will show the student’s ability to tolerate alcohol, absorb folic acid and metabolize lactose." Da soll mal wieder keiner sagen, man hätte nicht wissen können, wohin das alles führt. (Jetzt rauch ich erstmal eine.)
Jetzt wird's hart für die Moralisten unter uns: Lügner kommen besser durchs Leben. Meiner Meinung ist es allerdings mal wieder nicht klar, ob das Henne oder Ei ist. Wird wohl eine Interaktion sein, wer hätt's gedacht. Lügen wird in dem Artikel als Entwicklungsaufgabe verstanden, die mehr oder weniger erfolgreich bewältigt werden kann.Und Lügen ist nicht einfach. Man muss ja sowohl die eigentliche Wahrheit bedenken als auch die konstruierte. Zusätzlich ist es nötig, die Anzeichen der Lügerei zu verbergen. Das braucht einiges an kognitiver Leistung. Auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass ohnehin die mit höherer kognitiver Leistung erfolgreicher im Leben sind, weil sie nun mal allgemein Probleme besser lösen können (u.a. aufgrund der höheren Lernfähigkeit).
Die Frage, ob man das komplette Spektrum des "Menschseins" algorithmisch erzeugen kann, ist eine der spannendsten der Wissenschaft. Ist wirklich alles berechenbar, was unsere condition humaine ausmacht? Je nachdem, welche Argumentation ich gerade zu letzt gelesen habe, glaube ich mal das eine und mal das andere. Gefühlt würde ich wohl diese Aussage verneinen. In jedem Fall ist es (leider?) so, dass mehr und mehr Bastionen mit dem "Echt Mensch"-Tag fallen. Ein Computerprogramm schreibt tolle klassische Musik.
(...) it occurred to Cope that human composers draw on a huge amount of data when they sit down to write a piece of music. "We don't start with a blank slate," he said. "In fact, what we do in our brains is take all the music we've heard in our life, segregate out what we don't like, and try to replicate [the music we like] while making it our own." What separates great composers from the rest of us, he says, is the ability to accurately compile that database, remember it, and manipulate it into new patterns.Unbedingt mal die Ausschnitte anhören. Das ist schon etwas bestürzend.
Abschließend noch einer aus der Kategorie ICH-BIN-SCHOCKIERT!11! Floyd Landis, die ehemalige rechte Hand (rechter Fuß?) von Lance Armstrong, hat zugegeben: Ich habe gedopt. Ach nee. Nächste Woche kommt noch einer und weist nach, dass die Kanäle auf dem Mars gar nicht von Marsianerhand geschaffen sind. Im Ernst: Früher habe ich mal wirklich gedacht, die dopen schon nicht. Als Jan Ulrich seine Estacy-Räuberpistole abgezogen hat, habe ich die wirklich gekauft. Der hatte einfach nur Amphetamine gemampft.
Und ganz, ganz zum Schluss noch ein Leckerli. (Steht so weit unten, damit nicht irgendwer denkt, was irgendwer denken würde, wenn es weiter oben stehen würde.) Falls jemand mal schnell sein Frühstück wieder hochwürgen will: Der neueste Trend im Gay-Porn-Bereich ist (Trommelwirbel): TWINCEST. Wahrscheinlich kann sich jeder denken, was das ist.