Grenzen der Selbstkontrolle

Aus Gründen habe ich mich gerade etwas mit dem Konzept der Selbstkontrolle beschäftigt. Darin geht es im wesentlichen um die Frage, wie wir eigentlich in der Lage sind, unser eigenes Verhalten zu regulieren, z.B. im Hinblick auf ein bestimmtes zu erreichendes Ziel. Dabei wurde Selbstkontrolle mit einer Vielzahl von Verhaltensmustern in Zusammenhang gebracht, etwa
  • kriminelles Verhalten
  • Rauchen
  • Diäthalten
  • akademischer Erfolg
In jedem Fall verspricht eine bessere Selbstkontrolle (d.h. -regulation) einen höheren Erfolg. Die spannende Frage ist: Handelt es sich dabei primär um eine Wissensstruktur, eine (überlernte) Fertigkeit, eine begrenzte aber konstante Ressource, oder kann man es am besten im Sinne eines Energiemodells beschreiben? Den letzteren Ansatz verfolgt ein in der Sozial- und Persönlichkeitspsychologie recht bekannter Wissenschaftler, Roy F. Baumeister. Ein solches Modell geht davon aus, dass eine bewusste Selbstkontrolle eine begrenzte Ressource darstellt, die über die Zeit abnimmt. Aus einem solchen Modell folgt:
  • Verschiedene Aktivitäten, die das Verhalten kontrollieren, müssen alle auf die selbe begrenzte Ressource zurückgreifen.
  • Wird die "Energie" (Achtung: Metapher!) für eine Aufgabe verbraucht, steht sie für andere nicht mehr zur Verfügung. Das betrifft sowohl zeitgleiche als auch spätere Aktivitäten. Kontrollieren Menschen also bewusst und mit Anstrengung eigenes Verhalten, so sinkt ihre Kapazität für Selbstkontrolle zumindest für eine kurze Zeit.
  • Falls man nicht in der Lage ist, überhaupt Anstrengung auszuüben, so ist man auch nicht fähig, sich selbst zu kontrollieren. Schließlich kostet Selbstkontrolle Anstrengung.
  • Die Ausübung von Selbstkontrolle führt zu Müdigkeit.
  • Je größer die Müdigkeit, desto geringer die Möglichkeit der Selbstkontrolle (die Möglichkeit zur Anstrengung ist geringer).
Soweit die schlechten Nachrichten. Die gute: Selbstkontrolle scheint wie ein Muskel zu funktionieren. Auch hier wird bei Anstrengung die Leistungsfähigkeit temporär geringer. Auf längere Sicht jedoch erhöht sie sich jedoch. Wahrscheinlich ist die Ähnlichkeit zwischen Muskel und Selbstkontrolle erstaunlich hoch. Ein angenommener biologischer Mechanismus für die Abnahme der Fähigkeit, das eigene Verhalten zu kontrollieren, ist der Verbrauch von Glucose in den relevanten Hirnstrukturen.

Belege für das Ressourcen-Modell
Belege für die Muskel-Analogie
Belege für die Glucose-Theorie