• Wieso gewinnt die US-Armee nicht in Afghanistan? Der ehemalige Oberstleutnant Thomas Nagl (befehligte im zweiten und dritten Golfkrieg ein Panzerbataillon) gibt in seinem Buch "Learning to eat soup with a knife" eine ungünstige Antwort: Weil sie dafür nicht die passende Organisationsfom hat. Er vergleicht die britische Armee im "Malayan Emergency" in den 50ern mit der amerikanischen Armee im Vietnamkrieg. Demnach hatte sie über die Jahrhunderte als Kolonialarmee eine Organisationsform und eine Kultur des Lernens in dieser Organisation entwickelt, der ihr erlaubte, einen asymetrischen Konflikt zu gewinnen. Sie nutze ein Minimum an Gewalt, war gewohnt, in dezentralen kleinen Einheiten eng mit zivilen Kräften zusammenzusarbeiten, wusste um das längerfristige Engagement und definierte Sieg als 51%. Die Führung arbeitet dezentral, es gibt kein Handbuch, das für alle verbindlich die Kriegsführung regelt.

    Die US-Armee dagegen verstand sich seit Anbeginn als klassische europäische Armee mit der Aufgabe, den Erhalt der Nation zu verteidigen. Ironie der Geschichte: Den Unabhängigkeitskrieg hatte sie mit genau den Guerilla-Taktiken gewonnen, die ihr in Vietnam, im Irak und in Afghanistan so zu schaffen machen. Sie ist darauf ausgerichtet, einen Gegner mit massiver Feuerkraft und überlegener Technik zu vernichten, und zwar in möglichst kurzer Zeit. Sieg muss 100% sein, sonst wird der Konflikt nicht fortgesetzt. Führung ist zentral, und alle müssen sich an die Regeln des Handbuchs halten.

    Für Nagl ist klar, dass eine Armee nur eine der beiden Organisationsformen pflegen kann und demnach entweder in einem symmetrischen Konflikt ihre Stärke ausspielen kann oder eben in einem asymmetrischen.

    The demands of conventional and unconventional warfare differ so greatly that an organization optimized to succeed in one will have great difficulty fighting the other. It will likely also be unsuccessful in efforts to adapt itself to meet changing requirements in the course of the type of conflict for which it was not originally designed and trained. In fact, the very organizational culture that makes an institution effective in one area may blind it to the possibility that its strengths in that field are crippling deficiencies in a different situation (...)." (S. 219)


    Die US-Armee hatte sich immer auf einen konventionellen Krieg gegen den Warschauer Pakt eingestellt. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sie im Zweiten Golfkrieg so brilliant siegen konnte. Dieser Sieg sagte nichts über die Niederlage in Vietnam aus, da es sich um einen anderen Konflikt handelte. Gleiches gilt für den Beginn des Dritten Golfkriegs: Überragender Sieg gegen konventionelle Kräfte, bestenfalls Unentschieden im anschließenden asymmetrischen Konflikt. Dazu passt, dass einige US-Politiker gern die China-Karte ziehen und die Armee auf diesen Konflikt vorbereiten wollen. Denn genau das ist, wofür die Armee geschaffen wurde. Diesen Krieg würde sie ebenfalls gewinnen.

    Mit solchen Mitteln ist den Afghanen jedoch nicht beizukommen. Die Highttech-Dronen etwa kosten Unsummen, erreichen jedoch nichts. Einem unabhängigen Bericht zufolge töteten die 118 CIA-geführten Drohnenangriffe in Pakistan genau 2 "Hight profile targets". Kosten pro Angriff: 1 Million Dollar.