Bekanntlich wird ja immer alles schlechter. Alles?
Nicht das Kino. Wagen wir mal als mutige These in den Raum zu werfen. Natürlich nur gefühlt und nicht kunsthistorisch begründbar. Damit möchten wir teilnehmen am User-generated Nonsense-Wahn.
Sei's drum: Seit dem 7. April ist das Raumschiff Unternehmung, vulgo Enterprise, wieder unterwegs. Nein, nicht eigentlich wieder. Sondern erstmals. Was Marvel (Wolverine, Batman) und das Bond-Imperium vorgemacht haben, die Superheld-Werdung des jeweiligen Protagonisten nämlich, vollzieht sich jetzt im föderalen Universum der Star Trek-Clique. Ein solches Unterfangen ist nun nicht ganz risikofrei. Die weltweite Fangemeinde will sich beachtet fühlen, auf das die Integrität des Originals nicht beschädigt werde. Die Entwicklung unserer Helden muss sich psychologisch einigermaßen glaubwürdig darstellen, die Geschichte sowohl in sich geschlossen sein als auch Anknüpfungspunkte für weitere Abenteuer liefern. Zu gute Letzt möchten wir bitte die CGI nach dem neuesten Technikstand geliefert bekommen, aber das Drehbuch soll sich bitte nicht in Gelaber und Gewäsch verlieren. Dieser Effekt war schon bei Star Wars I - III zu bewundern: fantastische Landschaften, beeindruckende Weltraumschlachten, spritzige Rennen im Wüstensand, aber die emotionale Tiefe einer tatooinischen Regenpfütze.
Der "Lost" und "Alias"-Regisseur J. J. Abrams wagte sich ans Werk und enttäuschte nicht, wohingegen das Drehbuch teils in raumzeitliche Singularitäten versinkt.
Auftakt bildet der Angriff eines gigantischen Dingsdas auf ein Schiff der Föderation. Der wackere George Kirk opfert im Verlauf der Attacke sein Leben, damit die Crew unbeschadet das Weite suchen kann. An Bord eines der Rettungsshuttles ist sein klitzekleines Söhnchen James Tiberius, der trotz bescheuerten Namens im restlichen Film notgedrungen die Hauptrolle spielen wird. Ohne Sinn und Verstand, dafür mit um so mehr Arroganz prügelt und säuft sich der emotional Verstörte durch den Mittleren Westen, bis ihn eines Tages nach einer Kneipenschlägerei ein Freund seines toten Papas auf einen Trip zu den Sternen einlädt. Bedingung: Eintritt in die Sternenflotte. Findet J.T. erstmal zum Totlachen, überlegt sich (aus eher undurchdringlichen Gründen) die Sache aber bis zum nächsten Morgen anders. An Bord des Rekruten-Shuttles trifft er die Optimismus-Bombe Leonard "Pille" McCoy (grandios!: Karl Urban, besser bekannt als blondierter Reiterheld aus Herr der Ringe), mit dem ihn sofort eine herzliche Freundschaft verbindet.
Während in der Akademie die Dinge ihren gewohnten Gang nehmen (Kirk säuft, prügelt und vögelt grünlich schimmernde Schönheiten), hat auf dem Vulkan ein gewisser Herr Spock so seine Probleme mit der kulturellen Integration. Die Klassenkameraden sind nämlich üble Rassisten: Seine halbmenschliche Herkunft wird unserem Zweithelden in diversen Situationen vorgehalten, wobei es dann schnell vorbei sein kann mit vulkanischer Gelassenheit. Trotz hervorragender Noten mag Spock die angebotene Position in der Eliteakademie nicht antreten und entscheidet sich für's Burgerbraten, besser bekannt als Sternenflotte. Demzufolge verschlägt es den "Heros"-Psychopathen Zachary Quinto an die Sternenflotten-Akademie. Kirk und Kumpel Pille sind sich mit Spock gleich spinnefeind und referieren ihn als den "spitzohrigen Mistkerl".
Die Ausgangspositionen sind gesetzt, wir können nun getrost ein wenig der Geschichte überspringen. Es geschieht dies und das, und das ist alles im Prinzip ganz großartig. Actiongeladen und spannungsreich gelingt es den Helden (auch Uhura, Sulu und Mr. Chekov haben sich eingefunden) leider nicht, die Vernichtung von Spocks Heimatplaneten zu verhindern. Dafür verantwortlich ist der Mordbube Nero, dem Rom offensichtlich nicht mehr ausreicht als Lagerfeuermaterial. Hier müssen wir leider zum Wermutstropfen kommen. Eigentlich ist der Nero-Darsteller Eric Bana ("Blackhawk Down", "München") ja große Klasse. Hier darf er aber nur als eindimensionaler Bösewicht Racheschwüre zum Besten geben. Wäre vielleicht nicht ganz so schlimm, wenn der Grund seiner Rache einigermaßen verständlich würde. Das passiert aber nicht: Selbst eine Nullnummer wie Jar Jar Binks aus dem Star Wars-Paralleluniversum hätte gecheckt, dass es da nicht viel zu rächen gibt. Emotionale Verwirrung mag wohl einiges erklären, aber jeden Humbug kann man damit nicht rechtfertigen.
In jedem Fall hegt der gesichtstätowierte Bösewicht seine finsteren Pläne allein aus dem Grund, weil Spock nicht die Zerstörung von Neros Heimatplaneten Romulus verhindern konnte. Wie jetzt? Spock ist doch noch fast-Teenager? Ach so, Zeitreise, alles klar. Somit darf auch der Original-Spock, ein sichtlich gealterter Leonard Nimoy, mitspielen. Den trifft Kirk auf einem Eisplaneten. Sehr rührend: J. T. muss jetzt natürlich darüber aufgeklärt werden, dass die Erde nur rettbar ist, wenn er mit ihm, äh dem jungen Spock, also doch ihm, zusammenarbeitet. Jetzt aber schnell, die Zeit drängt. Und Scotty muss auch noch aufgesammelt werden! Klappt alles nicht ganz reibungsfrei, aber kurze Zeit später kann sich das Rettungsteam aufmachen zur Bewahrung der irdischen Schöpfung.
Rein logisch droht den Helden nicht allzu viel, schließlich wäre es kein Prequel zum Sequel, stürben sie alle in den unendlichen Weiten. Aber wir interessieren uns ja für die erwähnte Held-Werdung von Kirk und Konsorten. Machen wir es kurz: Im finalen Showdown, das die Erde vor der Auslöschung bewahrt, trickst Kirk seinen Antagonisten in die finale Vernichtung. Täterätää, Kirk erhält jetzt ganz offiziell das bisher nur komissarisch gehaltene Kommando über die Enterprise, und ab geht die Reise in unentdeckte Welten. Gesang, Abspann, fertig.
Alles in allem also eine großartige Party im All, mit genau der Action, die man in den bisherigen Filmen für gewöhnlich vermisste. Nur das Gleiten durch die Logik-Löcher gerät bisweilen zur Rüttelstrecke, die aber dem Drehbuch anzulasten ist, weniger Regisseur, und erst recht nicht den Darstellern.