R-E-S-P-E-C-T

Die zwölf Jahre meines Schülerdaseins werden für mich immer verlorene Jahre sein. Ich habe jeden einzelnen Tag in dieser Verwahranstalt gehasst. Wieso ich dort trotzdem mit vergleichsweise guten Noten rausgegangen bin ist mir bis heute ein Rätsel.

Zwei Jahre lang konnte ich aus meinem Klassenzimmer auf eine Sandsteintafel sehen: "Nicht für die Schule lernen wir ..." Was für ein Hohn. Selbstverständlich lernen wir allein nur für die Schule, nur ist die bedauerlicher Weise für einen langen Zeitraum unser Leben. Ich kann nicht einmal sagen, dass mich auch nur die Mehrzahl der im Unterricht behandelten Themen nicht interessiert hätte. Mich hat die Weise abgestoßen, in der sie behandelt wurden: Als Prüfungsstoff, als Testmaterial. Nicht aber als eigenständige Inhalte, mit denen ich mich intensiv hätte auseinandersetzen können, auf meine Art.

Das bedeutet alles keineswegs, dass ein Unterricht gut wäre, in dem jeder tun und lassen kann was er will. Diese Reife haben die meisten Schüler nicht, auch mir hätte ich sie damals nicht zugetraut. Lernen, besser: die Aneignung der Welt, ist harte Arbeit, deren Lohn lange auf sich warten lässt. Damit das jedoch überhaupt funktionieren kann, müssen Schüler institutionell respektiert werden. Das ist nicht der Fall. Viele Klagen heute und seit jeher singen das Lied vom Schüler, der seiner Schule unwürdig ist. (Es tritt auf: Frau Becker. "Sie müssen ja nicht hier sein, keiner hat sie gezwungen, auf's Gymnasium zu gehen." Ich hätte sie dann immer gern gefragt, wer sie eigentlich gezwungen hat, paidagogos zu werden. Verpasste Chancen.)

Ich mache hier meinen ehemaligen Lehrern keinen Vorwurf. Das sind schließlich keine Übermenschen (auch wenn sich einige so benehmen). Es braucht dazu schon eine größere Anstrengung, vorrangig von kundigen und engagierten Bildungspolitikern, die sich allerdings im Machtgerangel auch durchsetzen müssten. Zudem bin ich fest davon überzeugt, dass auch Lehrer die aktuelle Situation wenig befriedigend empfinden. Dieses tiefe Glück, Menschen wirklich Wichtiges zu lehren, vielleicht deren Leben für immer (positiv) beeinflusst zu haben - das wird sich so kaum einstellen.

Warum haben wir keine Schulen, die der Schüler würdig sind?